Fragebogen: Aylin Erol, Reporterin

Aylin Erol, 29, hat 2014 an der Kanti Frauenfeld die Matura gemacht. Ihr Berufswunsch aus der 3. Klasse ist wahr geworden: Sie arbeitet als rasende Reporterin beim Newsportal «watson» – und darf Leuten mit ihren Fragen auf die Nerven gehen.


Was schätzen Sie an Ihrer heutigen Aufgabe besonders?

Aylin Erol: Ich darf den Leuten (und am liebsten Politikerinnen und Politikern) mit meinen Fragen auf die Nerven gehen. Und ich empfinde es als sehr sinnstiftend, mit meinen Artikeln zu versuchen, die Welt ein klitzekleines bisschen fairer und besser zu machen.

Wie ist Ihr Weg verlaufen, der Sie zu «watson» geführt hat?

Aylin Erol: Direkt nach der Kanti habe ich ein Praktikum bei der Thurgauer Zeitung gemacht. Danach ging ich studieren und arbeitete nebenbei als freie Journalistin für die TZ. Weil man im Journalismus allerdings nicht besonders gut verdient, arbeitete ich zusätzlich als Werkstudentin in der Kommunikation von Siemens. Nach dem Master zog es mich zurück in den Journalismus, ich absolvierte ein Volontariat beim St. Galler Tagblatt und fand direkt im Anschluss zu «watson».

Hat sich damit der Berufswunsch aus Ihrer Kanti-Zeit erfüllt?

Aylin Erol: Ja, es hat sich sogar mein Berufswunsch aus der 3. Klasse erfüllt: Ich bin rasende Reporterin wie Karla Kolumna in «Bibi Blocksberg». (Das Wörtchen «rasend» nehme ich auf meiner Vespa eventuell manchmal etwas zu wörtlich.)

Welches waren die Highlights in Ihrer Kanti-Zeit?

Aylin Erol: Die Gesangseinlagen von Geert Dedapper, der nie Nein sagen konnte, wenn wir ihn zu einem Gitarrensolo aufstachelten. Der Geschichtsunterricht bei Christoph Bachmann, der mein Interesse an Politik geweckt hat. Und der Sportunterricht bei Daniela Hug, die immer über sich selbst lachen konnte und auch nach dem Sport ein offenes Ohr für uns hatte.

Was war das Nützlichste und was das Unnötigste, das Sie an der Kanti gelernt haben?

Aylin Erol: Das Nützlichste: Die Kanti hat mir eine solide Grundausbildung auf den Weg gegeben und ich habe in den vier Jahren gelernt, wie man lernt.
Das Unnötigste: Musiknoten beschriften lernen – als Nicht-Akademikerkind, das kein Instrument spielen kann, hat sich das angefühlt wie reinste Schikane.

Welche Ratschläge geben Sie heutigen Kanti-Schülerinnen und -Schülern?

Aylin Erol: Eure Noten sagen nichts darüber aus, wie gut ihr euch im Studium oder im Beruf schlagen werdet. Und schulischer oder beruflicher Erfolg (was auch immer das bedeuten soll) sagt nichts darüber aus, ob ihr ein guter, geschätzter Mensch seid.

Was möchten Sie noch lernen?

Aylin Erol: Nein zu sagen.

Wovor haben Sie Angst?

Aylin Erol: Vor der aktuellen Weltlage, dem Klimawandel und der Polarisierung der Gesellschaft.

Welches Kleidungsstück haben Sie trotz mehrfachem Ausmisten immer noch in Ihrem Schrank?

Aylin Erol: Ein grauses T-Shirt, auf dem Homer Simpson aufgedruckt ist, der sagt: «No Catastrophes Today!» Meine Schwester hat mir das Shirt vor sicher 12 Jahren geschenkt. Aus guten Gründen.

Und welchen Tag möchten Sie noch einmal erleben?

Aylin Erol: Einen Ferientag als Kind bei meiner Familie in der Türkei.

Fragen: DUL

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Steckbrief:

Alter: 29 Jahre
Abschluss: Matura 2014, 4mc, Schwerpunktfach Spanisch
Studium: Master in Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Nebenfach: Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich
Jetzige berufliche Situation: Reporterin beim Newsportal watson
Mein ganzer Stolz: Dass ich mit einer investigativen Recherche einem Bundesrat schlaflose Nächte bereitet habe.
Mein grösstes Laster: Ich sage immer: Man kann nicht gleichzeitig eine gute Journalistin und eine brave Mitarbeiterin haben.