Den letzten Bericht habe ich Mitte Dezember verfasst, weshalb es mir nicht möglich war, über die Feierlichkeiten zu berichten, die kurz danach folgten: Weihnachten. Während dieser Tage wurde mir bewusst, wie sehr ich an unseren Traditionen und Ritualen hänge: Am 24. zum Apéro bei Freunden, dann in den Gottesdienst, nach Hause fürs ausführliche Weihnachtsessen, Geschenke auspacken, und ein Guetzli-Teller darf natürlich nicht fehlen.
Skyfall an Heiligabend
Tja … das wird hier in Irland etwas anders gehandhabt. Am 24. Dezember passiert nämlich bei vielen Familien gar nichts. Einzig und allein der geschmückte Christbaum sorgte bei mir für Weihnachtsstimmung. Keine Geschenke, kein besonderes Essen, keine Guetzli. Das hat bei mir schon etwas für Enttäuschung und Heimweh gesorgt – ein Glück, lief im Fernsehen einer meiner Lieblingsfilme («Skyfall»!), den ich mir dann mit meinen Gasteltern angeschaut habe.
Doch nichts konnte mich auf den darauffolgenden Tag vorbereiten. Um halb acht wurden wir, die zweite Austauschschülerin aus Frankreich und ich, von unseren kleinen Gastschwestern mit den Worten „Santa was here!“ geweckt. Wir stürmten ins Wohnzimmer und uns traf der Schlag. Überall Geschenke, die meisten etwa in der Grösse meiner 6-jährigen Gastschwester. Und auch mich hatte Santa nicht vergessen: Ich bekam einen Schal, einen Oversize-Hoodie und ein Plüsch-Pyjama. Für meine Gastschwestern gab’s Lego, Trottinetts und und und …
Danach ging’s für ein irisches Frühstück zu den Grosseltern – Kartoffelkuchen, Würste und Toast. Zum Mittagessen gab es das traditionelle Weihnachtsessen: gefüllter Truthahn, Rosenkohl und Kartoffelbrei. Nach diesem Festtag hatte ich also nichts mehr zu beklagen.
Der Jahrhundertsturm
Ende Januar wurden Irland und Grossbritannien von einem Sturm namens Éowyn – „Ay-oh-win“ ausgesprochen – heimgesucht. Dadurch fielen Strom, Wasser sowie die Schule für eine ganze Woche aus. Am ersten Tag des Sturmes war es uns nicht erlaubt, das Haus zu verlassen, und Fenster und Türen mussten verschlossen bleiben. Der Sturm hat viel Unheil und Zerstörung auf den Inseln angerichtet – glücklicherweise aber nicht in unserer unmittelbaren Nähe. Grundsätzlich hatten wir nichts gegen die überraschenden schulfreien Tage – uns wurde auch nicht langweilig, da wir Aufträge über Teams bekamen.
Podcastfolgen überall
Einen Tag der Sportferien habe ich genutzt, um mit Freunden zwei Podcastfolgen über unser Leben in Irland aufzunehmen. Eine Folge habe ich auf meinem eigenen Podcast veröffentlicht («Geschichtenpunkt #12 Irish Gossip 🇮🇪: Cows, Cards and Chocolate»). Darin spreche ich mit drei anderen exchange students über Funfacts unseres derzeitigen irschen Lebens – zum Beispiel, dass die Schweiz verblüffend oft mit Schweden verwechselt wird. Man findet die Folge auf Spotify und Apple Music.
In der zweiten Folge wurden mir und einem anderen Schweizer Austauschschüler Fragen zu unserem Auslandjahr gestellt. Dies wurde auf dem Podcast von meiner Austauschorganisation iE veröffentlicht («Growing Abroad: Unser Leben in Irland. Erfahrungsbericht von Malina und Mattia»). Auch diese Folge findet man auf Spotify.
Eine Woche voller Events
Die aufregendste Woche begann an einem Mittwochabend: Ich habe mit zwei Freundinnen ein Konzert von Alec Benjamin in Dublin besucht. Gute Musik, super Stimmung und viele Leute. Wir sind um halb 1 Uhr nachts wieder zuhause angekommen – und waren am nächsten Tag vielleicht etwas verschlafen in der Schule …
Am darauffolgenden Samstag trafen wir uns mit allen anderen exchange students aus der Region für eine «Kreuzfahrt» auf dem Fluss Shannon. Am Abend desselben Tages besuchte ich mit meiner Gastfamilie einen Fussballmatch im lokalen Stadion: Longford gegen Kerry. Und Longford – das County, in dem ich wohne – hat 3:2 gewonnen! Und schliesslich der grösste Tag im irischen Kalender: St. Patrick’s Day.
Der grüne Feiertag
Es begann schon am 16. März mit einer St. Patrick’s Eve Parade in Longford – der nächstliegenden kleinen Stadt. Ein Umzug mit Traktoren und vor allem Sankt Patrick mit seinem Hirtenstock, der den Menschen die Hand schüttelte. Doch der eigentliche Tag ist der 17. März, der Montag.
Mit meinen Freunden reiste ich nach Dublin, um die berühmte St. Patrick’s Parade anzugucken. Die Stadt war überfüllt mit Touristen. Und überall sah man Leute mit grünen Hüten, Brillen, Tüchern und Kleidern. Auch ich hatte mir einige Souvenirs für diesen besonderen Tag zugelegt. Und schliesslich die zweistündige Parade. Dutzende von Gruppen – darunter überraschend viele Highschool-Bands aus den USA und sogar eine Musikgruppe aus Österreich!
Besonders in Erinnerung bleiben wird mir allerdings das grüne Meer aus Menschen. Insgesamt erinnert der Feiertag etwas an die Fasnacht in der Schweiz – allerdings ist in Irland die Gemeinschaft aus Grün das Besondere, während einen an der Fasnacht die Vielfalt staunen lässt.
Ich habe also wieder viel erlebt in den letzten Wochen und Monaten. Nun kommt die Abreise rasant näher. Davor gehe ich für ein paar Tage nach London und versuche noch so viel wie möglich vom Rest der grünen Insel zu sehen. Ohne dabei zu viele Dinge zu kaufen … das alles muss schliesslich irgendwie in mein Gepäck passen, das ich wieder in die Schweiz transportieren muss. Unfassbar, wie viel sich innerhalb eines Jahres ansammelt. Aber … daran will ich jetzt nicht denken – sondern einfach noch die letzten Wochen und Monate meines Auslandjahres geniessen!
Text und Bilder: Malina Heymann (3mb; derzeit in Irland)
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Ein paar weitere Bilder aus Irland: