Post aus Irland

Die Kanti-Schülerin Malina Heymann absolviert gegenwärtig ein Auslandsjahr in Irland. Sie lebt bei einer Gastfamilie im County Longford und geht auch dort zur Schule. Nun ist schon der erste Monat vorüber und die 16jährige Frauenfelderin erzählt in ihrem ersten Erlebnisbericht von der irischen Kultur und von Klischees, die sich bewahrheitet haben.

Ein Jahr. Das klingt nach einer sehr langen Zeit. Vor einem Jahr habe ich angefangen, Tagebuch zu schreiben. Vor einem Jahr habe ich eine Städtereise nach Venedig gemacht. Das war vor einem Jahr. Es kommt mir allerdings so vor, als läge es erst Monate, wenn nicht sogar Wochen zurück. Das letzte Jahr ist so schnell vergangen. Und gleichzeitig ist so viel passiert.


Zuerst ein Welcome-Camp

Genauso kommt mir mein erster Monat hier in Irland vor. Was, es ist schon ein Monat vergangen? Die Zeit vergeht wie im Flug. Ich habe bereits vieles erlebt. Und plötzlich kommt einem dieses Jahr gar nicht mehr so lang vor, sondern erschreckend kurz. Am 23. August bin ich von Zürich nach Dublin geflogen. An diesem Freitag begann mein grosses Abenteuer. Die ersten Tage verbrachte ich in einem Welcome-Camp in der Nähe von Dublin, an dem Austauschschüler und -schülerinnen aus ganz Europa teilgenommen haben, die  genau wie ich  ein Jahr in Irland verbringen. Ich kenne jetzt Leute aus Frankreich, aus Spanien, aus Italien, aus Deutschland, den Niederlanden und bin nun europaweit vernetzt.

Schule mit Uniform

Am darauffolgenden Sonntag wurden wir mit dem Bus zu unseren Gastfamilien gebracht. Kennenlernen, auspacken, ankommen. Sofort wurde ich von meinen beiden kleinen Gastschwestern, Katie und Olivia, sechs und acht Jahre alt, in Beschlag genommen. Keine Zeit für Heimweh, alles ist viel zu aufregend und neu. Und dann der erste Schultag – in Schuluniform! Das ist nicht der einzige Unterschied. Keine iPads, keine Pausen zwischen den Stunden, jeden Tag von 08:55 bis 15:40 Uhr Schule, ausser freitags, da sind alle Schulen in der Stadt nachmittags geschlossen. Dafür kostenlose Mahlzeiten, einen Tischtennistisch und viele Fächer, die man selbst wählen kann. Generell finde ich meinen Alltag hier nicht besser oder schlechter, einfach anders! Und das ist das Spannende, ich lerne so viel Neues kennen, eine neue Kultur und neue Sprechweisen.

Täglich Kartoffeln

Zum Beispiel habe ich gelernt, dass Lehrpersonen hier zu ihren Schülerinnen und Schülern und Eltern zu ihren Kindern sehr oft „good girl“ und „good boy“ sagen. Oder dass der irische Dialekt in meiner Region vor allem darin besteht, dass man «t» statt «th» sagt, also „I tink, that the Earts‘ teory is correct.“ Ich habe auch viele neue englische Wörter gelernt, die ich mit meiner französischen Gastschwester auf einer Liste sammle. Beispielsweise weiss ich nun, dass intestine Darm bedeutet, venison hingegen ist Rehfleisch und obnoxious heisst auf Deutsch unausstehlich. Die Liste wächst jeden Tag! Ich schreibe jeweils die deutsche Übersetzung darunter und sie die französische.

Einige irische Klischees kann ich auch bestätigen: Ja, man isst wirklich sehr, sehr viele Kartoffeln, mindestens eine Mahlzeit am Tag besteht daraus – meistens zwei. Und die Natur Irlands ist einfach fantastisch. Überall grün, tolle Sonnenauf- und untergänge, Wiesen und Kühe, viele Kühe.

Zwischen Begeisterung und Sehnsucht nach Familie und Freundinnen

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt von dem, was im ersten Monat auf mich eingeprasselt ist. Wie werden wohl die nächsten acht Monate aussehen? Was werde ich noch alles besuchen, entdecken und kennenlernen? Weil ich so lange hier bin, habe ich die Gelegenheit, Land und Leute richtig gut kennenzulernen. Und nicht nur das – sondern auch Menschen aus aller Welt. Schon jetzt ist klar, dass mir dieses Jahr immer besonders in Erinnerung bleiben wird, es ist nicht nur eines von vielen. Ich werde viel daraus mitnehmen und auch mit Leuten in Kontakt bleiben, die direkt in Paris – wie meine Gastschwester – oder am Strand in Spanien leben. 

Ein Auslandjahr ist eine wundervolle Erfahrung, aber auch eine Herausforderung. Ich mag in diesem Bericht begeistert und glücklich klingen, was auch überwiegend der Fall ist. Aber natürlich fühle ich mich manchmal allein, vermisse mein Zuhause, meine Freundinnen und Familie. Ich habe besonders anfangs ständig zwischen meinem Zuhause in der Schweiz und dem in Irland verglichen, habe mich sogar zurückgesehnt. Diese Zeiten gibt es und das ist auch normal. Dann hilft es mir, mit anderen Zeit zu verbringen: Mit Exchange-Students Dublin zu entdecken, auf den Jahrmarkt zu gehen oder mit der Gastfamilie eine Car-Rallye in Galway zu besuchen. Ich bin gespannt, was noch auf mich zukommt. Und ich werde mich wieder melden.

Liebe Grüsse in die Schweiz
Malina Heymann